Soziale Netzwerke: Die Entwicklung von Einflussplattformen

30. Mai 2022
Soziale Netzwerke: Die Entwicklung von Einflussplattformen

Soziale Netzwerke – sie sind so tief in unserem Leben verankert, dass sich ein Großteil der Menschheit ein Leben ohne diese Einflussplattformen nicht mehr vorstellen kann.

Im Folgenden sprechen wir über die Entwicklung sozialer Netzwerke von 1997 bis zur TikTok-Plattform.

1997 – Six Degrees läutet das Zeitalter der sozialen Medien ein

Six Degrees gilt mit der Möglichkeit, ein persönliches Profil und eine Freundesliste zu erstellen, als das erste soziale Netzwerk. Der Name geht auf die Theorie der sechs Trennungsgrade zurück, nach der jeder Mensch durch sechs Händedrücke mit jedem anderen verbunden ist. Basierend auf dieser Theorie bietet Six Degrees ein Nachrichtensystem an, das es Benutzern ermöglicht, bis zur dritten Bewusstseinsebene miteinander zu kommunizieren. Darüber hinaus gibt es ein System von Foren zur Diskussion und zum Meinungsaustausch.

Six Degrees wurde 1997 vom Amerikaner Andrew Weinreich gegründet. Im besten Fall hat das Netzwerk mehr als eine Million Nutzer, wird aber nie zu einem profitablen Projekt. Im Jahr 2000 kaufte Youthstream Media Networks den Dienst. Im Jahr 2001 wurde schließlich das Six Degrees-Projekt abgeschlossen. Im Jahr 2010 gab es einen Wiederbelebungsversuch, bei dem registrierte Benutzer zur Rückkehr aufgefordert wurden.

2001 – Einführung von Jappy

Mitte 2001 erscheinen ähnliche Projekte in Europa. Damals noch unter dem Namen singletreffen.net – wie könnte es bei einem solchen Namen auch anders sein – startete ein Netzwerk zum Dating der Gründer Matthias Vogl und Christian Wimmer.

Drei Jahre später wurde der Name in Jappy geändert. Das Netzwerk verfügt über ein Mailsystem, Chat, Gästebücher und Gruppen. Registrierte Mitglieder können außerdem die Dating-Funktion aktivieren und mithilfe virtueller Währung Emoticons und virtuelle Geschenke an andere Mitglieder senden. Im Jahr 2008 hatte Jappy mehr als eine Million Mitglieder, seit 2011 ist das Netzwerk stark schwächelnd.

2002 – Friendster geht online

Das vor allem im englischsprachigen und asiatischen Raum beliebte Friendster-Projekt ging 2002 online und hatte innerhalb weniger Monate drei Millionen Mitglieder. Die Plattform ermöglicht es Ihnen, Kontakte zu pflegen und mit ihnen Online- und Medieninhalte auszutauschen.

Myspace überholte Friendster im Jahr 2004 und das soziale Netzwerk verlor bald an Bedeutung. 2006 erlangte das Netzwerk erneut öffentliche Aufmerksamkeit, als es ein Patent zur Berechnung und Anzeige von Freundschaften in sozialen Netzwerken erhielt. Im Jahr 2009 wurde Friendster vom malaysischen Unternehmen MOL Global übernommen und in eine Social-Gaming-Plattform umgewandelt.

2003 – Myspace

Für viele ist Myspace der Ort, an dem die ersten Social-Networking-Erfahrungen gemacht wurden. Das Besondere am Web ist seine enge Verbindung zur Musik. Künstler und Gruppen erstellen Profile und bieten ihren Fans die Möglichkeit, in Kontakt zu bleiben. Diese Lösung lockt zahlreiche Nutzer an: Myspace kann bis zu 230.000 neue Mitglieder pro Tag registrieren. Im Jahr 2006 übersteigt Myspace die 100-Millionen-Nutzer-Marke. Doch 2008 überholte das Projekt den stärksten Konkurrenten Facebook und der Niedergang des ehemaligen Spitzenreiters begann. Während Myspace im Jahr 2006 noch die 16. meistbesuchte Website auf Alexa war, ist es im Jahr 2022 nicht mehr unter den Top 50.

Soziale Netzwerke: Die Entwicklung von Einflussplattformen

Im selben Jahr werden LinkedIn und Xing als professionelle Networking-Plattformen eingeführt. Wie ein soziales Netzwerk für den privaten Gebrauch bieten die beiden Plattformen die Möglichkeit, ein Profil zu erstellen, sich zu vernetzen und Inhalte zu teilen. Unternehmen können auch eigene Unternehmensseiten einreichen. Damit sind Linkedin und Xing nicht nur professionelle Kontaktnetzwerke, sondern eignen sich auch zur Mitarbeitergewinnung oder Auftragsgewinnung oder B2B-Leadgenerierung.

Beide Plattformen konnten im Internet Fuß fassen. Linkedin ist englischsprachig und überwiegend international ausgerichtet. Im April 2022 kamen laut Statista 188 Millionen Nutzer aus den USA, die größte Nutzergruppe. Im ersten Quartal 2022 hatte Xing im deutschsprachigen Raum 20,1 Millionen Nutzer, ein stetiger Anstieg seit 2013.

2004 – Hier kommt Facebook (und Orkut)

Also Facebook. Das seit vielen Jahren beliebteste soziale Netzwerk entstand 2004 als eine Art virtuelle Version der gedruckten Jahrbücher von Harvard und wurde zunächst auf amerikanische Eliteuniversitäten ausgeweitet. Facebook hat sich in nur wenigen Jahren zum Inbegriff sozialer Netzwerke entwickelt.

Facebook
Facebook
Meta Platforms, Inc.
Facebook für AndroidFacebook für iOSFacebook für Windows

Heute erinnern sich nur noch wenige Menschen an Orkut. Auch das soziale Netzwerk von Google erblickte 2004 das Licht der Welt. Die Plattform ist das Ergebnis einer Google-Initiative, die es Mitarbeitern ermöglicht, ein Fünftel ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte zu nutzen. Der Entwickler Orkut Buyukkokten erstellt ein nach ihm benanntes Projekt, das vor allem in Brasilien und Indien populär wird. Orkut kann sich weltweit nicht etablieren, daher wurde der Support 2014 eingestellt.

2005 – Lokalisten und StudiVZ erweitern den Social-Media-Markt

Im Mai 2005 wurde in Deutschland die Online-Community Lokalisten gestartet. Besonders beliebt ist das Netzwerk in den Ballungsräumen München, Stuttgart und Augsburg sowie in Großstädten wie Berlin, Köln und Frankfurt am Main. Benutzer können Profile mit anderen persönlichen Informationen als Name und Alter erstellen, z. B. Lieblingsbücher, Dialekt oder Tanzstil. Benutzer können selbst entscheiden, welche Informationen nur Freunde sehen und welche Informationen das gesamte Netzwerk sieht. Im Juli 2010 hatten Localists etwa 3,6 Millionen Mitglieder, doch die Aktivität ging bald deutlich zurück. Von einst 40 Millionen Seitenaufrufen pro Monat im Jahr 2014 blieben nur noch 1,7 Millionen übrig. Im September 2016 wird das Netzwerk endgültig geschlossen.

Ebenfalls im Jahr 2005 wurde StudiVZ als Online-Community für Studierende gegründet. Sowohl optisch als auch inhaltlich ähnelt das Projekt stark dem großen Vorbild von Facebook, das zunächst zu einer Klage und dann zu einer außergerichtlichen Einigung führte. Aufgrund der hohen Beliebtheit bei Nicht-Studierenden – StudiVZ hatte zu Spitzenzeiten 17 Millionen Nutzer – wurden die Ableger SchlerVZ (2007) und MeinVZ (2008) ins Leben gerufen.

Soziale Netzwerke: Die Entwicklung von Einflussplattformen

Allerdings können die Netzwerke Facebook auf Dauer nicht standhalten. SchlerVZ ging 2013 offline, MeinVZ, über eine Schnittstelle mit StudiVZ verbunden, „lebte“ noch etwas länger. Beide zusammen hatten 2015 nur eine Million aktive Nutzer. 2016 wird die Plattform zum dritten Mal verkauft. Im September 2017 meldeten die Betreiber schließlich Insolvenz an. Ende März 2022 wurde StudiVZ endgültig geschlossen.

Und 2005 – Reddit und Youtube

Reddit ist auch als Social-Media-Aggregator bekannt und bietet Nutzern eine Plattform zum Teilen, Bewerten und Kommentieren von Texten und Links. Nur ein Jahr nach seiner Gründung erreicht Reddit 500.000 Seitenaufrufe pro Tag und wurde von Cond Nast für 20 Millionen US-Dollar gekauft. Von 2008 bis September 2017 war Reddit ein Open-Source-Projekt.

Reddit
Reddit
reddit Inc.
Reddit für AndroidReddit für iOS

Ebenfalls im Jahr 2005 startete das Videoportal YouTube. Seit 2006 gehört die Plattform zu Google. Im Januar 2021 schauen sich jeden Monat 2,29 Milliarden Nutzer Videos auf der Plattform an. Es gab sogar einen eigenen „Beruf“: YouTuber verdienen Geld mit ihren Videos.

YouTube
YouTube
Google LLC
YouTube für AndroidYouTube für iOSYouTube für Windows

2006 – Twitter und Werkentwen

Der Kurznachrichtendienst Twitter stieg 2006 in den Social-Media-Markt ein und war ein Erfolg. Gab es im ersten Jahr nur etwa 400.000 Tweets pro Quartal, werden laut Brandwatch im Jahr 2020 mehr als 500 Millionen Tweets pro Tag versendet. Sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen, Organisationen und Medien nutzen Twitter als soziales Netzwerk und Diskussionsplattform. Nachdem Twitter jahrelang die maximale Tweetlänge auf 140 Zeichen begrenzt hatte, erhöhte Twitter die Grenze Anfang November 2017 auf 280 Zeichen. Derzeit kauft Twitter den reichsten Mann der Welt, Elon Musk.

X
X
X Corp.
X für AndroidX für iOSTwitter für Windows

Ebenfalls im Jahr 2006 geht Werkentwen online. Das Netzwerk bestand nur acht Jahre. Das Studentenprojekt von Fabian Jaeger und Patrick Olera lief am Anfang gut. Ende 2007 hatte das Netzwerk bereits eine Million Mitglieder. Nach der Übernahme von RTL Interactive und dem Ausscheiden der Gründer aus der Geschäftsführung ist die Nutzung der Plattform spürbar zurückgegangen. Von den 163 Millionen Seitenaufrufen pro Monat im August 2010 waren drei Jahre später nur noch 23 Millionen übrig.

2007 – Tumblr setzt auf Microblogging

Die Blogging-Plattform Tumblr bietet Nutzern die Möglichkeit, Texte, Bilder, Video- und Audiodateien, Links oder Chatprotokolle mit anderen zu teilen. Andere Benutzer können sie als Favoriten markieren, kommentieren und erneut veröffentlichen.

Tumblr – Fandom, Kultur, Chaos
Tumblr – Fandom, Kultur, Chaos
Tumblr, Inc
Tumblr – Fandom, Kultur, Chaos für AndroidTumblr – Kunst, Kultur, Chaos für iOS

Das Herzstück ist das Dashboard des Benutzers, das Beiträge der von ihm abonnierten Blogs anzeigt. Im Mai 2013 kaufte Yahoo die Blogging-Plattform. Fast ein Jahrzehnt später, im Mai 2022, gibt es schätzungsweise 549 Millionen Blogs auf Tumblr.

2010 – Instagram und Pinterest setzen auf visuelle Inhalte

Im März 2010 machte Pinterest mit einer offenen Beta die etablierten Message Boards nicht nur digital, sondern auch sozial. Benutzer können interessante Bildinhalte sammeln und diese in verschiedene Boards kategorisieren. Sie können auch den Pinnwänden anderer Benutzer folgen. Zunächst wuchs Pinterest langsam. Wenige Monate nach dem Start waren nur noch wenige Tausend Mitglieder übrig. Dies kann unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass vor August 2012 für den Beitritt zum Netzwerk ein Mitgliedsantrag oder eine Einladung erforderlich war.

Pinterest
Pinterest
Pinterest
Pinterest für AndroidPinterest für iOS

Etwa zur gleichen Zeit wurde die Pinterest-App für Android veröffentlicht. Schon bald konnten Unternehmen Unternehmensprofile erstellen. Bis Februar 2013 wird die Zahl der Nutzer weltweit 48 Millionen Menschen überschreiten. Spätestens seit Beginn der Monetarisierung durch Promoted Pins im Jahr 2014 hat sich Pinterest zu einem wichtigen Social-Media-Marketing-Tool entwickelt.

Soziale Netzwerke: Die Entwicklung von Einflussplattformen

Auch Instagram setzt auf visuelle Inhalte. Die App basiert auf der von Kevin Systrom und Mike Krieger entwickelten Registrierungssoftware Burbn und wurde im Oktober 2010 im App Store veröffentlicht. Nach eigenen Angaben registrieren sich bereits am ersten Tag mehr als 25.000 Nutzer. Die Android-App erscheint im April 2012 und wurde am ersten Tag über eine Million Mal heruntergeladen. Im selben Monat hat Instagram 30 Millionen registrierte Nutzer.

Instagram
Instagram
Instagram
Instagram für AndroidInstagram für iOSInstagram für Windows

Es überrascht nicht, dass Facebook dann bekannt gab, dass es Instagram für eine Milliarde Dollar übernehmen würde, den höchsten Betrag, der jemals für einen Fotodienst gezahlt wurde. Mit rund 1,22 Milliarden Nutzern im Jahr 2021 ist Instagram dank seiner Business-Profile, der Anzeigenplatzierung und nicht zuletzt dem Influencer-Marketing einer der wichtigsten Social-Media-Marketingkanäle.

2011 – Google Plus will mit Facebook konkurrieren, Snapchat kommt

Als Google Plus 2011 eingeführt wurde, erwartete man, dass der Dienst Facebook überholen würde. Nach 88 Tagen hat das Netzwerk bereits 40 Millionen Nutzer registriert, doch das rasante Wachstum von Google Plus danach ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Mitgliedschaft für die Nutzung anderer Google-Dienste wie YouTube zwingend erforderlich ist. Schon das einfache Anlegen einer Gmail-Adresse ist mit der automatischen Erstellung eines Profils in Google Plus verbunden.

Seitdem wurde Google Plus immer wieder für tot und dann wieder für lebendig erklärt. Im Jahr 2013 meldete Google noch 360 Millionen monatlich aktive Nutzer, hat seitdem aber keine konkreten Zahlen veröffentlicht. Tatsache ist, dass Google Plus nicht mit Facebook konkurrieren kann. Im Jahr 2019 wird der Dienst für Privatnutzer eingestellt.

Snapchat
Snapchat
Snap Inc
Snapchat für AndroidSnapchat für iOSSnapchat für Windows

Snapchat, ebenfalls 2011 gegründet, musste einige Hürden überwinden. Die App, die manchmal für tot erklärt wurde, hat seit ihrer Markteinführung überdauert. Snapchat bietet die Möglichkeit, Bilder und Videos sowohl an Einzelpersonen als auch an Gruppen zu senden, die nach einigen Sekunden gelöscht werden. Die in den USA ansässige App ist auch für ihre Filter bekannt: Nutzer können beispielsweise virtuelle Tiergesichter auf ihren Gesichtern platzieren.

2013 – Vine möchte Twitter für Videos werden

Twitter startete 2013 den Videodienst Vine, der ein Jahr zuvor gekauft worden war. Nutzer können Videos mit einer maximalen Länge von sieben Sekunden teilen und mit Hashtags versehen. Bis Ende 2015 wird Vine 200 Millionen aktive Nutzer erreichen.

Vine
Vine
X Corp.
Vine für Android

In einer Rivalität zwischen Facebook und Twitter führt Instagram, das von Facebook übernommen wurde, eine ähnliche Möglichkeit zum Posten von Videos ein. Die Weinnutzung ging kurz darauf zurück. Im Oktober 2016 gab Twitter die Schließung von Vine bekannt und das Netzwerk ging in die Geschichte ein.

2014 – Tiktok- und Facebook-Probleme

Während Vine scheitert, entwickelt sich eine andere Video-App schnell zum Favoriten der Benutzer. Bis 2021 wird Tiktok Facebook, Instagram und Snapchat überholen und zur beliebtesten App der Welt werden. Aber das Wichtigste zuerst: Tiktok ist aus der Musical.ly-App entstanden. Es wurde 2014 in China gegründet. Musical.ly bietet Nutzern die Möglichkeit, Lieder „lippensynchron“ zu machen, das heißt, sie bewegen ihre Lippen im Takt des Liedes.

TikTok
TikTok
TikTok Pte. Ltd.
TikTok für AndroidTikTok: Videos, Lives & Musik für iOS

Musical.ly wurde 2016 vom chinesischen Unternehmen Bytedance übernommen, das seit 2012 eine ähnliche App mit Douyin auf dem Markt hat. Die Anwendung wird 2018 auf den Markt kommen. Übrigens: Douyin ist in China immer noch verfügbar und ist das chinesische Tiktok.

So versuchten im Laufe der Zeit viele Netzwerke in der Welt der sozialen Netzwerke Fuß zu fassen – einige waren sehr erfolgreich, andere sind heute kaum noch in Erinnerung. Nischennetzwerke können genauso langlebig sein wie die Big Player Twitter und Facebook. Andere, wie Snapchat, verwischen zunehmend die Grenzen zwischen Instant Messaging und sozialen Medien. Mal sehen, wohin uns die Entwicklung der sozialen Medien in den kommenden Jahren führen wird.